Freitag, 21. Mai 2010

Streiter für die Freiheit des Wortes

Streiter für die Freiheit des Wortes

Der iranische Lyriker Dr. Essmâ'il Cho'i ist am Sonntag mit dem  Friedrich-Rückert-Preis der Stadt Coburg ausgezeichnet worden (v.l.): 3.  Bürgermeister Hans-Heinrich Ulmann, 2. Bürgermeister Norbert Tessmer,  Essmâ'il Cho'i und Oberbürgermeister Norbert Kastner. Foto:  Braunschmidt

Der Friedrich-Rückert-Preis, den die Stadt Coburg alle zwei Jahre vergibt, ist grundsätzlich keine politische Auszeichnung. Er steht, wie der diesjährige Preisträger Dr. Essmâ'il Cho'i gestern bei seiner Ehrung im Riesensaal von Schloss Ehrenburg sagte, für die Annäherung des christlich geprägten Westeuropas an die islamische Welt, für die Verständigung von Okzident und Orient. Trotzdem bekam der Festakt eine politische Dimension, als Essmâ'il Cho'i, einer der großen alten Herren der modernen iranischen Poesie und einer der letzten lebenden Repräsentanten der zweiten Blüte der persischen Lyrik, den Gästen aus Kultur, Wirtschaft, Politik und staatlicher Verwaltung sein Schicksal schilderte.

Choi'i, der in Teheran als Hochschullehrer tätig war und sich als eines der Gründungsmitglieder des Schriftstellerverbandes im Iran für die Gedanken- und Meinungsfreiheit einsetzte, wurde im Schah-Regime missliebig aus dem Staatsdienst entlassen; über Nacht war er mittellos, und ihm wurde ein Schreibverbot auferlegt. Nach der islamischen Revolution musste er in den Untergrund gehen und schließlich 1983 aus seiner Heimat über Pakistan nach Großbritannien flüchten, wo ihm Asyl gewährt wurde.

So zeichnete Essmâ'il Cho'i am Beispiel seines Schicksals ein Bild der Repressionen, der Unterdrückung und der Verfolgung regimekritischer Kulturschaffender im Iran. Kurt Scharf, Mitglied der Jury des Coburger Rückert-Preises und ehemaliger Leiter der Sprachabteilung im Goethe-Institut Teheran, nannte Essmâ'il Cho'is Dichtung nicht nur Ausdruck großer sprachlicher Schönheit, die das iranische Volk in einer für die westliche Kultur kaum nachvollziehbaren Weise begeistern kann; sie sei auch als Waffe im Kampf gegen politische und soziale Unterdrückung sowie für Meinungs- und Gedankenfreiheit im Iran zu verstehen.

Die Auszeichnung mit dem Friedrich-Rückert-Preis, der an das Schaffen des Coburger Dichters und Orientalisten erinnert, bezeichnete Essmâ'il Cho'i denn auch als bitter, weil er sie gerne in seiner Heimat, aus der er verbannt wurde, entgegen genommen hätte, schließlich erfülle ihn die Ehrung mit Stolz. Er empfinde sie aber auch als bittersüß, weil sie ihm ein "boshaftes Lächeln"auf die Lippen zaubere, denn die Mullahs des iranischen Regimes gönnten ihm die Ehre nicht. Cho'is Kommentar dazu: "Zum Teufel mit ihnen!"

"Die Verleihung eines solchen Preises ist eine große Unterstützung für einen Dichter wie mich", dankte Essmâ'il Cho'i: "Man steht wieder mit den Füßen fest auf dem Boden", meinte der 1938 in Maschhad geborene Lyriker. "Die Kulturwelt verleiht mir einen Preis - also bin", zitierte er variierend René Descartes .

Norbert Tessmer (links) zeichnete Essmâ'il Cho'i am Sonntag im  Riesensaal von Schloss Ehrenburg mit dem Coburger Rückert-Preis aus

Mit 7500 Euro dotiert

Der Coburger Rückert-Preis ist mit 7500 Euro dotiert und wird in zweijährigem Turnus vergeben. Nachdem der 1. Coburger Rückert-Preis 2008 an einen arabischen Autor verliehen wurde, nämlich den ägyptischen Romancier Alaa al-Aswani, ist der 2. Coburger Rückert-Preis 2010 für persische Literatur vorgesehen. Die persische Literatur bildete einen besonderen Schwerpunkt in Rückerts dichterischem Schaffen; Rückert übertrug unter anderem die persischen Klassiker Firdausi, Saadi, Rumi und Hafis ("Östliche Rosen"). Den Rückert-Preis wertete der Lyriker als "große Unterstützung für Dichter wie mich fern der Heimat". Damit finde ihr Anliegen, aufrecht und trotz Todesdrohungen unerschrocken für die Freiheit des Wortes zu streiten, letztlich auch dank Internet weltweites Echo und Aufmerksamkeit.

Cho'i unterstützte die Bewohner von Ashraf, als irakische Söldner des iranischen Regimes 36 Bewohner beim Angriff vom 28. und 29. Juli 2009 als Geisel nahmen. Bei diesem Angriff auf die Hauptopposition des klerikalen Regimes, wurden 11 Menschen getötet und mehrere hundert Personen zum Teil schwer verletzt.





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